Kosmische Strahlung

Kosmische Strahlung – auch Höhenstrahlung genannt -, einst entdeckt bei Ballon Aufstiegen, führt insbesondere in großen Höhen und im Weltall zu einer erhöhten Strahlenexposition. Davon betroffen sind in erster Linie Flugpersonal und Astronauten.

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Die Galaktische Kosmische Strahlung

Die Galaktische Kosmische Strahlung (GKS) erfüllt unsere gesamte Galaxie. Ihr Ursprung ist bis heute nicht restlos geklärt, man vermutet sie in galaktischen und außergalaktischen Quellen wie Supernova-Explosionen.

Eine Supernova ist das kurzzeitige, helle Aufleuchten eines Sterns am Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion, bei der der ursprüngliche Stern selbst vernichtet wird.

Die  bei Supernovae ausgeworfene Materie expandiert mit Überschall-Geschwindigkeiten und generiert dadurch eine starke Schockwelle im umgebenden Medium. Solche Schockwellen beschleunigen Kerne des Materials auf hohe Geschwindigkeiten. Diese breiten sich aus und es kommt zur kosmischen Strahlung.

Die Galaktische Kosmische Strahlung kommt nahezu isotrop aus allen Richtungen. Es ist also nicht möglich anzugeben, wo die Teilchen ursprünglich herkommen.

Mit Hilfe von Proben aus Mondgestein und Meteoriten wurde festgestellt, dass sich die Intensität der GKS in den letzten 100 Millionen Jahren um maximal den Faktor 2 geändert hat, d.h. sie kann für uns betreffende Zeiträume als konstant betrachtet werden.

Die GKS in der Umgebung der Erde besteht aus etwa 87% aus Protonen (Wasserstoffkerne), 12 % Alpha-Teilchen (Heliumkerne) und zu etwa einem Prozent aus schwereren Atomkernen (etwa Lithium, Beryllium und Bor, aber auch viele andere). Der Fluss der GKS ist groß, etwa 100.000 Teilchen je Quadratmeter und Sekunde. Außerdem ist das Energiespektrum sehr breit, von „energieärmeren“ Teilchen bis hin zu extrem großen Teilchenenergien (von einigen 10 MeV bis hin zu etwa 20 GeV; Mega-Elektronenvolt, Giga-Elektronenvolt; Maß für die Energie und damit die Geschwindigkeit der Teilchen.)

Der Sonnenwind

Eine weitere Quelle kosmischer Strahlung ist der Sonnenwind. Die Quelle des Sonnenwindes ist die heiße Korona der Sonne. Die Temperatur dort ist so hoch (mehr als eine Million °C),  dass die Gravitation der Sonne Teile des koronalen Plasmas nicht mehr halten kann und dadurch ionisiertes, energetisches und turbulentes Gas stetig wegströmt. So wird ein Teilchenfluss von der Sonne weg gebildet, diesen Teilchenfluss nennt man Sonnenwind.

Dieser besteht hauptsächlich aus Protonen, Elektronen und Heliumkernen.

Pro Sekunde verliert die Sonne durch den Sonnenwind etwa 1 Million Tonnen ihrer Masse.

Da der Sonnenwind aus elektrisch geladenen Teilchen besteht, stellt er ein Plasma dar, das sowohl das Magnetfeld der Sonne wie auch das der Erde verformt.

Die Sonne zeigt einen 11jährigen Zyklus. Alle ca. 11 Jahre steigt die Zahl der Sonnenflecken und damit die Aktivität der Sonne an, danach sinkt sie wieder ab bis zu einem Minimum.

Einfluss der Sonne auf das Strahlenfeld in Reiseflughöhen

Der Sonnenwind als auswärts strömendes Plasma entzieht der entgegengesetzt gerichteten galaktischen kosmischen Strahlung Energie, wodurch deren Einfluss auf die Dosisleistung in Reiseflughöhen abgeschwächt wird. Daher ist die Strahlenexposition im Fluge bei maximaler Sonnenaktivität schwächer als bei minimaler Sonnenaktivität.

Dies gilt jedoch nicht für den Fall eines Solaren Partikel Ereignisses (Solar Flare, GLE).

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Solare Partrikel Ereignisse (SPE, CME)

SPE werden durch plötzliche, sporadische Eruptionen der Sonne ausgelöst. Dabei unterscheidet man zwischen Solar Flares (SF) und koronalen Massenauswürfen (CME – Coronal Mass Ejections). Beide Phänomene treten oft in Kombination auf, sie kommen aber auch unabhängig voneinander vor.

Bei koronalen Massenauswürfen werden enorme Mengen von Teilchen in Form von Teilchenwolken emittiert und in auftretenden Schockwellen stark beschleunigt. (sog. Fermi-Schockbeschleunigung). Sie bestehen hauptsächlich aus Protonen, die bei großen Ereignissen Energien bis in den GeV-Bereich aufweisen können. Die schnellen Partikel erreichen die Erde vor dem eigentlichen CME. Wenn der CME die Erde passiert können starke induktive Ströme erzeugt werden die ganze Leitungsnetze ausfallen lassen oder gar stark beschädigen können.

Besonders starke Ereignisse, die katastrophale Auswirkungen auf die Infrastruktur haben können bezeichnet man als Carrington Scale Event. Im Mittel wird die Erdoberfläche alle 150 Jahre von so einem Ereignis getroffen.

CMEs können die Ortsdosisleistung in Reiseflughöhen signifikant erhöhen, sofern sie die Erde treffen und entsprechend energiereich sind. In äußerst seltenen Fällen kann die Ortsdosisleistung beim Fliegen für einen begrenzten Zeitraum bei mehreren Millisievert pro Stunde liegen. Insbesondere für die Raumfahrt können solche CMEs zum Problem werden. Satelliten können beschädigt werden und Menschen in Raumstationen können einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt sein.

Wenn die Energie der Protonen nicht ausreicht um bis in Reiseflughöhen vorzudringen führen diese Ereignisse – analog zum Sonnenwind – zu einer Abschwächung der Dosis im Fluge. Dies bezeichnet man als „Forbush-Decrease“.

 Bei Solar Flares handelt es sich um ein kurzes „Aufflackern“ der Sonne – ein Ausbruch elektromagnetischer Strahlung (sichtbares Licht, UV-Strahlung und Röntgenstrahlung) sowie geladener Teilchen, vor allem Elektronen. Sie lösen aber nur selten eine zusätzliche Strahlenexposition in Reiseflughöhen aus.

Sie treten aber häufig im Verbund mit koronalen Massenauswürfen (CME) auf.

Der Einfluss der Erdatmosphäre

Die Atmosphäre der Erde wirkt in Bezug auf die Exposition durch kosmische Strahlung einerseits als Abschirmung (an der Erdoberfläche bzw. auf Meeresniveau entspricht die Abschirmwirkung einer 10 Meter hohen Säule Wasser). Daher steigt die Strahlenexposition mit steigender Flughöhe.

Andererseits fungiert die Atmosphäre aber auch als „Strahlenquelle“, weil die primäre kosmische Strahlung aus dem Weltraum durch Wechselwirkung mit der Atmosphäre ihren Charakter durch Kernreaktionen wandelt. Das Bombardement durch die kosmische Strahlung resultiert beim Eintritt in die Erdatmosphäre in sog. Teilchenschauern. Durch Kollisionen z.B. mit Sauerstoff und Stickstoffatomen werden in ihnen neue Teilchenarten (z.B. Neutronen) erzeugt, die zum Teil biologisch wesentlich wirksamer sind als die einfallenden primären Protonen. Die Gesamtheit der in der Atmosphäre erzeugten Teilchen wird häufig als „Sekundäre Kosmische Strahlung“ bezeichnet, dagegen betitelt man alle am Rand der Atmosphäre auftreffenden Teilchen (aus GKS und SPEs) als Primäre Kosmische Strahlung.

Wie bereits erwähnt besteht die primäre kosmische Strahlung in erster Linie aus Protonen. Niedrigenergetische Protonen (bis etwa 200 MeV) gelangen bis zur vollständigen Abbremsung maximal in Höhen von 25 km.

Bei höheren Protonenenergien nimmt der Anteil an sekundärteilchenproduzierenden Kernreaktionen zu. Beginnend in etwa 30 km Höhe setzen diese Reaktionen mit ansteigender Dichte der Luft ein. Damit werden neue – ebenfalls hochenergetische – Teilchen produziert, die ihrerseits mit anderen Kernen Wechselwirkungen eingehen und so weitere Sekundärteilchen erzeugen. Auf diese Weise bilden sich Teilchenschauer aus, die so lange anwachsen, bis die Energie der Sekundärteilchen nicht mehr ausreicht, um weitere Sekundärreaktionen zu verursachen. Die Zahl der Sekundärprozesse erhöht sich mit steigender Dichte der Luft, bis sie in etwa 15 km Höhe ihren Maximalwert erreicht. Es wird „Pfotzer und Regener Maximum“ genannt. Unterhalb des Pfotzermaximums ist eine annähernd exponentielle Abnahme der Gesamtintensität der kosmischen Strahlung zu beobachten.

Aufgrund der Sekundärprozesse ist das Strahlenfeld in Reiseflughöhen sehr komplex. Es besteht aus dem gesamten „Partikelzoo“ der erzeugten sekundären Teilchen (sekundäre Protonen, Neutronen, Mesonen, Pionen, Myonen, Elektronen, Positronen und Gammastrahlen usw.).

Darüber hinaus decken diese Komponenten einen großen Energiebereich ab.

Das macht es unmöglich, die persönliche Strahlenexposition mit einem einfachen Personendosimeter zu messen. Diese würden immer nur einen Teil der Strahlenarten sowie einen Teil der auftretenden Strahlenenergien korrekt erfassen.

Auch die Messung der Strahlenexposition ist aus diesem Grund mit hohem Aufwand verbunden und stattdessen die Berechnung empfohlen – z.B. mit ACD Helios.

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Der Einfluss des Erdmagnetfeldes

Das Erdmagnetfeld schützt uns vor die kosmischen Strahlen. Dieser Schutzeffekt ist aber nicht an jedem Ort der Erde gleich.

Am stärksten ist die Abschirmwirkung am Äquator (genau genommen am geomagnetischen Äquator, denn geographischer und geomagnetischer Pol sind nicht am selben Ort), am schwächsten ist die Abschirmwirkung in Polnähe.

Man bezeichnet die Stärke dieser Abschirmwirkung auch als Abschneidesteifigkeit (engl.: Cutoff rigidity). Je höher diese Abschneidesteifigkeit ist, je weniger Strahlung durchdringt das Erdmagnetfeld.

Oberhalb von ca. 60° nördlicher bzw. südlicher Breite ist für übliche Reiseflughöhen das Maximum erreicht, man spricht vom sog. „Knie“. Dieser Effekt ist darin begründet, dass die niederenergetischen Teilchen die in noch höheren Breiten hinzukommen könnten in den über den Reiseflughöhen liegenden Luftschichten bereits absorbiert werden.

 Die Strahlung bei 60°N ist bei gleicher Höhe etwa doppelt so stark als am Äquator. Deshalb sind Flüge über den Nordatlantik oder über Sibirien nach China oder Japan bei gleicher Flugzeit mit einer höheren Dosis verbunden als etwa Flüge nach Südamerika oder nach Südostasien.

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